Wer behindertes Deutsch von Nobelpreisträgers lesen will, darf seinen Grass im Schrank stehen lassen; hier genügt wie oft der zuverlässige Griff zum Werk von Heinrichs Böll; diesmal nicht in seiner Eigenschaft als Romancier, sondern als Übersetzer. Zusammen mit Gattin Annemarie veranstaltete Böll in den Sechzigern eine Übersetzung von O'Briens "hartem Leben", in der die vielbeschworene Sprachlosigkeit des Nachkriegsdeutschlands gar schröcklich wiedergeht.
Deutsch konnte Böll nicht, aber halt auch kein Englisch (oder "Irisch", wie's der Suhrkamp-Verlag gern hätte).
"Veneral diseases" wird mit "venerische Krankheiten" übersetzt (wie auch sonst?); der Satz "Non siamo medici che curano il corpo" bedeutet für Bölls "Wir sind nicht ein Arzt für den Körper", Kleinigkeiten schließen sich an: Wo auf S. 8 noch von der "Grafschaft" Limerick die Rede ist, heißt das gleiche Wort sieben Seiten später schon "County"; "Möchte-Gern-Politiker" statt "Möchtegern-Politiker" - in ähnlicher Wurschtigkeit geht's weiter. Kleine Schlampigkeiten wären tolerabel, würde den Bölls nicht fast alles Gefühl für Schroffheit, Schönheit, Trunkenheit: vulgo:
irischness, abgehen. Hier beißt man in jedem Satz wie in einen Nierentisch, riecht alles nach billigem Rasierwasser Marke
Hemingway und schmeckt nach Trockenbrot der frühen Jahre.
Also lieber die Rowohlt-Übersetzung wählen, die ist wenigstens ideologisch unbedenklich.
Ob ich sonst nichts zu tun hab? Eigentlich.
Nä.