Shocking short
Klick … Gut, dass ich dich endlich erreiche! Ja. Nein. Du, ich konnte nicht früher anrufen – nein, nein, mit deiner Mutter hat es nichts zu tun. Wart mal einen Moment … So. Jetzt hab ich die Hand auch wirklich frei. Wenn du wüsstest, wie schwierig das ist, hier Netz zu kriegen. Ja, nur in einer Zellenecke, wenn man sich auf Zehenspitzen auf den Hocker … Was? Eine Eins in Naturphänomene? Super! Sag ihr, dass ich sehr stolz auf sie bin. Ja. Nein. Glaub mir, es war schon schwer genug, aus diesem Analogwecker einen Handyakku zu bauen. Nein, den muss man nicht erst aufziehen. Ja, haha. Nein, ich konnte nicht zur Telefonzelle! Ja, auch wegen der Sache mit dem Fuß. Was soll das heißen, ich soll mich nicht so anstellen wegen einem eingewachsenen Zehennagel? Ich stelle mich nicht an! Ja. Was meinst du, ist er gebrochen, wenn die Zehen ganz blau sind und ich die Ferse nicht mehr spüre? Ich soll besser zum Arzt gehen. Okay. Es ist nur: Ich bin grade im Ausland, und ich weiß nicht, ob die meine Versicherungskarte … Ich weiß doch, ich weiß. Beruhig dich. Denk dran, was deine Therapeutin sagt: Für jeden Aggression gibt es einen Grund, und den … Ich bin der Grund? Weil ich einfach so ins Ausland … Du, ich bin nicht geflogen! Nein, in einem Laster. Hintendrin, hinten. Weißt du, die Männer mit den schwarzen Masken haben mich auch nicht gefragt, ob ich – … Hallo? Nein, nein. Nur vom Hocker gefallen. Ja … Wo? Es ist auf jeden Fall ziemlich heiß. Und sie sprechen mit einem Akzent, so ein Gurgeln. Was meinst du? Kasachstan? China? Neufundland, sagst du? Nee, du brauchst den Globus nicht zu holen. Ich werde mal fragen. Es ist ein bisschen wie dieser Club, wo wir mal Last Minute … ja, genau, Ägypten hab ich gemeint. Nein, das Essen ist kein Problem. Kein Fleisch. Vor allem Brot. Eigentlich nur Brot. Nein, das Problem sind die Ratten. Ja. Sie kleben. Und beißen. Nein. Ich mache so was nicht immer absichtlich. Nein. Du brauchst mit dem Abendessen nicht zu warten. Bring’s halt den Nachbarn. Natürlich mag ich dein Essen, aber heute geht’s eben nicht. Was? Hirschgulasch und Püree, ach so. Ja, schade. Aber hier ist heute Abend so eine Art Fest. Ja. Schalt nach dem Abendessen mal den Fernseher an. Über den Satelliten kriegen wir das bestimmt rein. El-Trara oder so. Gibt’s das? Schalt mal … Genau, das war’s. Das senden sie heute Abend live. Natürlich mit mir! Da gibt es diesen Platz, und die Tribüne … Nein, nicht auf der Tribüne. Auf dem Podest. Ja. Sie haben gesagt, eine Kulturveranstaltung. Traditionell und so. Und ich darf teilnehmen. Du, ich freu mich auch. Das ist doch nett: fremde Kulturen mal aus der Nähe und so. Wie genau? Der Wärter hat gesagt, dass so eine Art Truthahn gestopft wird. Ich darf den Truthahn wahrscheinlich essen, auf jeden Fall hat er auf meinen Bauch gezeigt. Und anschließend großes Feuerwerk. Genau. Sie haben schon jede Menge Dynamit zu mir in die Zelle … Ja. So lange Stangen, und dann habe ich noch so ein Glibbergel. Ich dachte erst, das sei so Geschmacksverstärker, aber sie haben gesagt, ich soll es auf die Dynamitstangen streichen. Genau. Und dann, äh, so eine Art, na, so eine urologische Untersuchung eben. Nein, ohne Arzt … Wieder nach Hause? Sie haben gesagt, schon heute Abend. Nach der Feier. Und diesmal fliege ich, haben sie gesagt, „in your very special way“. Freust du dich? Ja. – Du, ich muss jetzt Schluss machen, sie sind grad reingekommen. Also, Liebling, hab dich … klick
5. Nov, 14:42, L.W.