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Komisches, Kritisches, Unerhebliches aus Lino Wirags Text-Bild-Werkstatt. Quasi täglich.

„Sach ma. Sach ma. Du.“

„Sach ma. Sach ma. Du.“
Ecki, die „Nuss“, kratzte an dem Etikett einer Bierflasche herum, das auf der Theke kleben geblieben war. Er hatte sich einen angenagten, chromgelben Zimmermannsbleistift hinter das rechte Ohr geklemmt, der ihm wie ein seltsamer Fühler von der Stirn abstand.
Ich antwortete nicht gleich, denn ich war gerade ganz in eine Betrachtung versunken, die es mir wert erschien, zu sie Ende zu denken. Ich hatte Franziska oft genug gesagt, sie möchte beim Spülen unserer Gläser doch bitte keine keine Haushaltsspülmittel benutzen und dieselben, vor allem meine Biergläser, nicht von Hand abtrocknen, sondern sie einfach abtropfen lassen. Ich bat sie, meine Hefehumpen ausschließlich mit warmem Wasser (und möglichst wenig Spülmittel) zu reinigen und anschließend mit kaltem, klarem Wasser nachzuspülen. Wenn sie sie schon in die Spülmaschine tat, dann bitte im schonendsten Programm. Also die Temperatur möglichst gering und die Reinigungsdauer möglichst kurz. Um Flecken und Belege
zu vermeiden, die Dosiervorschriften von Reiniger und Klarspüler genau beachten. Nach dem Spülgang soll die Maschine geöffnet werden, um die Gläser nicht unnötig dem Wasserdampf auszusetzen und um sie abkühlen zu lassen.
Eigentlich fing das perfekte Glas schon früher an. Schon beim Abräumen sollte man nicht mit den Fingern in die Gläser greifen, dann auch Fingerabdrücke sind fettig und schwer zu entfernen. Gläser nach Gebrauch so schnell wie möglich spülen. Angetrocknete Getränkereste erschweren den Reinigungsprozess. Getränkereste und anderweitiger Abfall gehören in den Ausguss und nicht in die Spülmaschine. Reiniger- und Klarspüler-Gebinde regelmäßig kontrollieren und bei Bedarf füllen. Funktion der Wasseraufbereitungsanlage prüfen (Geschirrmaschinen-Spezial-Salz). Aus einem nicht-perfekten Glas kann man kein perfektest Bier trinken. Und nur ein perfektes Bier garantierte perfektes Wohlbefinden und damit das, was Seneca das „gute Leben“ nannte.
Der Meinung war sicher auch Ecki, die „Nuss“. Der aber im Moment ein anderes Problem zu haben schien: „De Heinze, ne. De Heinze. Den kennst du doch auch.“
Ich nickte, obwohl er das nicht sehen konnte, weil er jetzt damit beschäftigt war, die klebrigen Ettikettenreste unter seinen Fingernägeln hervorzupulen.
„De Heinze, der, der. Den habbich noch nie nicht lachen sehen.“
„Hm.“
„Immer wenner. Wenner da ist, dann hat son Lächeln um de Mundwinkel. Das isnich normal.“
„Doch. Du hast Recht“, gab ich zur Antwort, „das habe ich auch schon beobachtet.“
Ecki, die „Nuss“, zog jetzt mit einem schlürfenden Geräusch die Nase hoch, um dann umständlich ein Taschentuch zu entfalten und es in sein Gesicht zu bringen.
„Warum. Woran. Warum macht der, also, warum wohl.“
Ich verstand ihn stumm.
„Weiß nicht. Vielleicht hat er irgendeine Muskellähmung im Gesicht oder sowas. Und dann kann er nur lächeln. Muss er also immer lächeln. Oder er ist halt einfach n fröhlicher Typ. Oder er hat halt n bisschen nen Knall. Weiß nich.“
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