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Komisches, Kritisches, Unerhebliches aus Lino Wirags Text-Bild-Werkstatt. Quasi täglich.

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Der kommende Freitag soll also zum Schwarzen Freitag erklärt werden, verkünden die Plakate. In schreienden, fast blutenden Buchstaben ist es dort zu lesen. Auch sind dort weitere Verfahrensweisen angegeben. Die Art des Sich-zu-verhalten-Habens. Aufmerksam lese ich; auch zwischen den Zeilen, damit mir keine Information entgeht. Es soll alles so gut wie möglich werden, so richtig wie möglich. Zwischen den Zeilen tanzen die Zwergbuchstaben. Sie formen geheime Nachrichten, geheime Verhaltensweisen. Sie raten zum Beispiel, man solle sich nur mit einer Zahnbürste zu Bett legen, weil die Gefahr, in der Nacht an Mundfäule zu sterben, wesentlich größer sei als am Tage. Zahnbakterien würden die schlechte Kondition des Schläfers nutzen (steht dort zu lesen), um bis zu seinem Mund vorzudringen. Dort würden sie ihren Kot ablegen. Ich glaube nicht daran. Um es kurz zu machen: Es ist mir fremd. Der Schwarze Freitag, so steht auf den Plakaten zu lesen, ist in verschiedengroße Festlichkeiten eingebunden. Die Festlichkeiten finden zeitlich versetzt statt, so dass keine Festlichkeitsüberschneidungen entstehen. Niemand möchte gerne, dass die Mädchen in den weißen Röcken mit den Frauen in den roten Kleidern zusammenstoßen, wenn es nicht sein muss. Auch sollen die Männern mit den Bärten daran gehindert werden, sich unter die Männer mit rasierten Gesichtern zu mischen. So werden alle schön auf Abstand gehalten. Keiner kann ungünstig mit den anderen interferieren.
Der Nachbar kommt vorbei. Ich winke dem Nachbarn. Ich winke gern. Mein Arm stellt sich automatisch auf die ihm zugewiesene Bewegung ein. Er schlenkert hin und her und gibt dabei Zeichen des Winkens von sich. Er hat gelernt, was sich gehört. Schnelle, scharfe Artikel. Scharfe, schnelle Schüsse. Ich selbst halte mich auf dem Laufenden. Halte mich bedeckt. Bleibe unter Feuer, doch unter Druck, sogar: unter Dampf.
Dem Nachbarn sage ich: Führen Sie die Handlung geradlinig durch, wenn sie sie schon durchführen wollen. Den Mädchen sage ich: Lasst euch von niemandem erzählen, ihr seid hässlich; ihr werdet es nur, wenn ihr daran glaubt. Ihr zergeht unter den Alterungserscheinungen. Zerkrumpelt wie Papier. So sage ich. Die Mädchen lachen. Noch glauben sie mir nicht. Sie werden schon sehen.
Mir selbst erzähle ich: Alles wird gut, und ich schlafe wie ein Prinz. Die Zeit kann jetzt wieder schneller fließen. Als hätte jemand den Stöpsel gezogen, und der Zeitstrudel winde sich nun hindurch. Flupp, macht das.
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