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Mitteilung des paläologischen Instituts, gefunden von Heinrich Warzenberg auf dem Kehrichthaufen seiner Großmutter, 1893.
Ich schreibe diese Nachricht strenggenommen nicht auf Papier. Dieses Material ist bei uns nicht bekannt. Wir schreiben auf der Haut von Büffeln. Strenggenommen schreiben wir auch nicht, wir ritzen. Wir ritzen mit unseren Messer in die saftige Büffelhaut. Normalerweise ritzen wir. Das heißt, wir ritzen auch nicht, denn wir haben keine Messer. Sie gelten in unserer Kultur als Zeichen von Dekadenz. Genaugenommen gilt schon die Dekadenz selbst als Zeichen von Dekadenz. Also muss ich mich, um diese Aufzeichnungen tätigen zu können, gegen die Riten meines Volkes entscheiden. Ein schmerzlicher Prozess. Und doch gerechtfertigt. Ich ritze sie in die Haut eines Büffels; aber damit es niemand merkt, habe ich mir einen lebenden Büffel ausgesucht. Saftig und blökend rennt er unter mir. Schwer stampfen seine Beine auf den Boden. Wie schmale Presslufthämmer. Ich fühle mich frei. Bald wird er mich abwerfen. Seine Brüder werden mich zertrampeln. Sie warten, nein eigentlich: rennen sie hinter ihm. Zermalmen werden sie mich, plätten wie einen Schuh. Ich lache, nein: ich lächle. Es macht mir Freude, von ihren Hufen zertreten zu werden. Sie malen ihre Abdrücke auf mich wie kleine Tattoos. Während ich unter ihren Hufen zerrieben werde, denke ich an Zuhause. Denke ich an Cassiopeia, die jetzt ohne mich in die Flammen starrt, die weiße Flecken auf ihren Hals malen. Cassiopeia, die Liebesblume. Die Zeit, die wir gemeinsam verbracht haben, schnurrt ein; sie ist wie ein Gummihaut, eng und immer gespannt. Ich sehe ihre Finger, an denen noch der Ring hängt, den ich ihr aus dem Verschluss einer Coca-Cola-Büchse geschnitten habe. Er hat die Farbe ihrer Haare. Ich will ihre Lippen, aber ihre Lippen sind kalt und marmorn. Sie singt das alte Lied meines Volkes. Es hat nur eine Strophe, und die geht so:
Mei, mei, ich muss gehen
wann werden wir uns wiedersehen.
Eigentlich ein dummer Lied, und ich glaube inzwischen sicher, dass es durch einen Übersetzungsfehler entstanden ist. Aber niemand will mir das abnehmen. Nein, sie sind stur; die alte Lilith ist stur, mit der Arschfalte, die sie ihren Mund nennt und den großen, durstigen Augen, die starren, als wollten sie den Mond trinken. Ich starre auch, aber ich trinke nicht. Der Durst kommt, wenn der Hauptgang bekämpft ist, heißt eine alte Weisheit. Der Platz auf dem Büffel wird knapp. Ich rutschte schon in Hodennähe. Die Erschütterungen der Schritte spüre ich. Patchouli, murmle ich. Patchouli. Ich weiß nicht, wem dieser Name gehört, aber er klingt gut, vertraut. Sauer schmeckt auf einmal der Kelch des Lebens, der an mir vorbeigeht [endet hier wegen mangelnder Logik, verm. Übersetzungsfehler] Diese Aufzeichnungen gibt es nicht.
Ich schreibe diese Nachricht strenggenommen nicht auf Papier. Dieses Material ist bei uns nicht bekannt. Wir schreiben auf der Haut von Büffeln. Strenggenommen schreiben wir auch nicht, wir ritzen. Wir ritzen mit unseren Messer in die saftige Büffelhaut. Normalerweise ritzen wir. Das heißt, wir ritzen auch nicht, denn wir haben keine Messer. Sie gelten in unserer Kultur als Zeichen von Dekadenz. Genaugenommen gilt schon die Dekadenz selbst als Zeichen von Dekadenz. Also muss ich mich, um diese Aufzeichnungen tätigen zu können, gegen die Riten meines Volkes entscheiden. Ein schmerzlicher Prozess. Und doch gerechtfertigt. Ich ritze sie in die Haut eines Büffels; aber damit es niemand merkt, habe ich mir einen lebenden Büffel ausgesucht. Saftig und blökend rennt er unter mir. Schwer stampfen seine Beine auf den Boden. Wie schmale Presslufthämmer. Ich fühle mich frei. Bald wird er mich abwerfen. Seine Brüder werden mich zertrampeln. Sie warten, nein eigentlich: rennen sie hinter ihm. Zermalmen werden sie mich, plätten wie einen Schuh. Ich lache, nein: ich lächle. Es macht mir Freude, von ihren Hufen zertreten zu werden. Sie malen ihre Abdrücke auf mich wie kleine Tattoos. Während ich unter ihren Hufen zerrieben werde, denke ich an Zuhause. Denke ich an Cassiopeia, die jetzt ohne mich in die Flammen starrt, die weiße Flecken auf ihren Hals malen. Cassiopeia, die Liebesblume. Die Zeit, die wir gemeinsam verbracht haben, schnurrt ein; sie ist wie ein Gummihaut, eng und immer gespannt. Ich sehe ihre Finger, an denen noch der Ring hängt, den ich ihr aus dem Verschluss einer Coca-Cola-Büchse geschnitten habe. Er hat die Farbe ihrer Haare. Ich will ihre Lippen, aber ihre Lippen sind kalt und marmorn. Sie singt das alte Lied meines Volkes. Es hat nur eine Strophe, und die geht so:
Mei, mei, ich muss gehen
wann werden wir uns wiedersehen.
Eigentlich ein dummer Lied, und ich glaube inzwischen sicher, dass es durch einen Übersetzungsfehler entstanden ist. Aber niemand will mir das abnehmen. Nein, sie sind stur; die alte Lilith ist stur, mit der Arschfalte, die sie ihren Mund nennt und den großen, durstigen Augen, die starren, als wollten sie den Mond trinken. Ich starre auch, aber ich trinke nicht. Der Durst kommt, wenn der Hauptgang bekämpft ist, heißt eine alte Weisheit. Der Platz auf dem Büffel wird knapp. Ich rutschte schon in Hodennähe. Die Erschütterungen der Schritte spüre ich. Patchouli, murmle ich. Patchouli. Ich weiß nicht, wem dieser Name gehört, aber er klingt gut, vertraut. Sauer schmeckt auf einmal der Kelch des Lebens, der an mir vorbeigeht [endet hier wegen mangelnder Logik, verm. Übersetzungsfehler] Diese Aufzeichnungen gibt es nicht.
23. Jul, 15:13, L.W.






